Maison Manesse: Unkonventionell und frech

Maison Manesse Zuerich

Ein Betäubungsmittel vor dem Essen

Fabian Spiquel ist einzigartig. Der vor Energie strotzende Koch hat sein Fine Dining Restaurant Maison Manesse zu einer herausragenden Adresse für unkonventionelle, qualitativ hochstehende und spielerische Gastronomie mit einem frechen Touch gemacht. Damit hat er Erfolg: Wer über Zürichs kulinarische Aushängeschilder spricht, der nennt auch das Maison Manesse – heute mehr denn je.

Optimieren, ausprobieren und verändern: Fabian Spiquel lässt es im Maison Manesse mit einem Michelin-Stern nicht einfach gut sein. Mal stellt der Schweiz-Australier das Menükonzept auf den Kopf, dann malt er die Bar in seinem Restaurant neu an und bastelt an einem neuen Logo. Auch seine Mannschaft baut der visionäre Koch kurzerhand um, wenn ihm die alte nicht gut genug ist.

Nur eines ändert sich im Maison Manesse nicht: Die Zugkraft des kulinarischen Vordenkers Fabian Spiquel. Der extrovertierte Chefkoch steht wie ein Fels in der Brandung, innovativ und rastlos mit tausend neuen Ideen.

Nachdem Spiquel im vergangenen Herbst ein neues Menükonzept eingeführt hat und diesen Frühling mit Christian Gujan einen neuen, stadtbekannten Gastgeber gewinnen konnte, war es für uns höchste Zeit, wieder mal einen Blick in das unkonventionelle Lokal am Manesseplatz zu werfen.

Schon seit jeher war das Restaurant in seiner hellen, nordischen Schlichtheit ungewöhnlich für Zürich. Extravagante Kontrastpunkte dazu setzen lediglich die farbbekleckste Bar, freche, an die weissen Wände gekritzelten Sprüche und eine Videoanimation auf der Toilette.

Das lässt erahnen, dass dem temperamentvollen Spiquel freudige Spielereien auf dem Teller wichtiger sind als gastronomische Verbissenheit.

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Betäubungsmittel «Sechuan-Buttons»: Zungenkribbelnder Start in den Abend

Maison Manesse Zuerich

Maniok-Chips mit Trüffelmayonnaise

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Signature Tatar: Spray-it-Yourself

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Perlhuhn-Terrine im Filoteig

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Zahner auf Kohlrabi-Spaghetti

Maison Manesse Zuerich

Erfischend: Morcheln und weisse Spargel

Maison Manesse Zuerich

Sommerrehrücken mit Thymianpüree

Maison Manesse Zuerich

Gefrorene Rhabarber-Luft

Maison Manesse Zuerich

Coupe Maison

Karte Maison Manesse

Nicht um sonst nennt Spiquel die neue Manesse-Philosophie «Fun Fine Dining». Das klingt zwar etwas konstruiert, bringt es aber ziemlich genau auf den Punkt. Denn Spiquels kulinarische Spielereien sollen auch in einer ebenso spielerischen Karte aufgehen können.

Weil niemand zu einem ganzen Menü gezwungen werden soll (anders als es bisher der Fall war) besteht die Karte aus lauter Einzelpositionen.

Den Anfang machen im Maison Manesse die Snacks. Vier verschiedene kleine Häppchen stehen da zur Auswahl. Die reichen von einfach (Maniok Chips mit Trüffel-Mayo) bis zu anspruchsvoll (gepuffte Achillessehne vom Rind mit Peterli und kantabrischen Sardellen). Weiter geht es mit den zehn Tellern, den eigentlichen Hauptspeisen. Die sind bewusst eher klein gehalten, so dass man leicht auch zwei Gerichte davon probieren kann. Unter anderem erwartet einen hier ein Rindsfilet- oder Wurzelgemüse Tatar im Do-it-Yourself-Stil. Oder auch ein mit Bier glasierter Sommerrehrücken mit Lattichsalat und ein Zahnder mit Kohlrabi-Spaghetti. Den Abschluss macht der Käse und die süssen Desserts (unter anderem ein Coupe Maison mit Dill-Milch, Caipirinha-Sorbet und weisser Schokolade für zwei Personen).

Wer doch lieber ein ganzes Menü bevorzugt, der entscheidet sich für eine Kombination von sechs verschiedenen Speisen. Eine Weinbegleitung gibts auf Wunsch noch dazu.

Ein Sharing Dish mit vier einzelnen Gerichten für mindestens drei Personen steht ebenfalls auf der Karte.

Preis Maison Manesse

Die Snacks liegen bei 8 Franken für die Maniok-Chips mit Trüffel-Mayo oder dann bei 12 Franken für alles andere. Teller, also Hauptspeisen, kosten mindestens 19 Franken (Wurzelgemüse-Tatar, Do-it-Yourself-Stil) und höchstens 32 Franken (Sommerrehrücken). Die verschiedenen Käse liegen zwischen 14 und 16 Franken. Die Desserts starten bei 5 Franken für die am Tisch zu grillierenden Marshmallows und 24 Franken für den Coupe Maison (für zwei Personen).

Wir waren zu dritt im Maison Manesse und haben für unser Dinner 455 Franken bezahlt. Darin enthalten waren zwei Gläser Champagner, zwei Gläser Weisswein, verschiedene andere Getränke, zwei Viergangmenüs mit Fleisch und ein vegetarisches Viergangmenü.

Öffnungszeiten Maison Manesse

Dinner: Dienstag bis Samstag, ab 18 Uhr
Lunch (anderes Konzept): Montag bis Freitag, 11:45 bis 14 Uhr

Harrys Tipp

Fabian Spiquel, Schweiz-Australier, Koch und Mastermind hinter dem Maison Manesse, geht mit seinem Handwerk spielerisch, erfinderisch und unvoreingenommen aus. Damit bringt er die australische Leichtigkeit, für die die moderne Küche Down Unders viel Bewunderung erfährt, nach Zürich. Das macht das Maison Manesse kulinarisch einzigartig und zu einem verdienten Aushängeschild für die Zürcher Spitzengastronomie.

Er drückt nicht nur seinen Speisen den unverkennbaren Spiquel-Stempel auf, sondern auch dem Lokal. Dank ihm und seiner ungestümen gastronomischen Leidenschaft ist im Maison Manesse alles ein bisschen mehr: mehr Persönlichkeit, mehr Passion, mehr Ideenreichtum, mehr Einzigartigkeit – und mehr Risiko.

Und das macht einen Besuch im Maison Manesse zu einem wahren Genuss. Zumal der geniale Koch jetzt auch noch den vielleicht besten Restaurantleiter gefunden hat, den er sich wünschen könnte. Christian Gujan beherrscht seine Rolle bis ins Detail und bringt Erfahrung, Gelassenheit und höchste Professionalität in den Service. Seinen Weinempfehlungen darf man getrost vertrauen.

Das Risiko hingegen zeigt sich auf dem Teller in Form von aussergewöhnlichen, kulinarischen Schöpfungen, die nicht immer ganz perfekt ausgeführte sind. Da kann das eine Gericht schon mal leicht versalzen sein, wo hingegen das andere uns dann wieder himmelhoch jauchzen lässt. Damit können wir leben, zumal man als Gast im Grossen und Ganzen ein einmaliges, kulinarisches Gesamterlebnis geboten bekommt.

Unser Dinner

In unseren Manesse-Dinner-Trip sind wir mit einem Betäubungsmittel gestartet. Die kleine, gelbe Blumenknospe, genannt «Sechuan-Button»,  hat einen leicht betäubenden Effekt auf der Zunge und löst ein Kribbeln aus. Das ist natürlich völlig unbedenklich. Es soll lediglich eine Art Vorbereitungsritual für das sein, was danach alles serviert werden wird.

Richtig los ging es danach mit einem kleinen, erfrischenden Erdbeer-Gazpacho. Das kalte Süppchen kam mit einer leichten und überraschenden Estragon-Note daher. Es war gleichzeitig süss und salzig und hatte eine neckisch-dezente Schärfe.

Es folgte ein kleines, herrliches Wachtelei auf einem Bärlauchpüree, bestäubt mit geräuchertem Fischpulver. Eine schön abgerundete Kombination, perfekt ausgeführt.

Dritter Snack des Abends: eine gepuffte Achillessehen vom Rind mit Peterlimayonnaise und nordspanischen Sardellen. Grundsätzlich eine sehr interessante Kombination, die eigentlich alles hatte, um zu überzeugen. Die gepufften Sehnen waren knusprig und aufregend und die spanischen Sardellen waren besonders fein. Leider hat die Mayonnaise in der Küche aber zu viel Salz abgekriegt, was dem Snack nicht gut tat – zumal bereits die Sardellen naturgemäss salzig waren.

Verzichtet haben wir natürlich auch nicht auf die legendären – und wirklich überzeugenden – Maniok-Chips mit der verdammt guten Trüffelmayonnaise.

Als erster «Hauptteller» kam eine wunderbar butterweiche Lachsforelle mit Rettich und Ponzu. Das Gericht sah sehr ansprechend aus und weckte hohe geschmackliche Erwartungen. Leider wurden die nicht erfüllt. Auch wenn alle Zutaten von höchster Qualität waren und die einzelnen Bestandteile durchaus Potenzial hatten, der Kombination fehlte es schlussendlich am erwarteten Umpf.

Als fleischlose Alternative liess Spiquel eine Peperoni-Tomaten-Terrine servieren. Im Vergleich zur Lachsforelle war die voller Aroma, angenehm bitter und scharf, mit einer rauchigen Note und stark im Auftritt. Der Safranschaum gab der Terrine einen noblen Schliff. Eine grossartige Leistung.

Weiter ging es mit dem DIY (Do-it-Yourself) Tatar, einer Art Signature Dish des Maison Manesse. Serviert wird das Tatar mit einer getoasteten Scheibe herrlichen Brots. Dafür verwendet Spiquel eine mehr als 30 Jahre alte Mutterhefe. Das Tatar wird (abgesehen von Salz, Pfeffer und Olivenöl) ungewürzt an den Tisch gebracht. Lediglich ein Eigelb ist mit dabei. Mit Hilfe kleiner Sprayflaschen verschafft der Gast dem rohen Rindfleisch einen regelrechten Aroma-Boost. Dazu gehört ein kleines Fläschen mit in Bonitoflocken gezogenem Whiskey, Paprika-Öl, Essigkurken, eingelegte Schalotten, hausgemachter Senf, Jalapenos-Öl und Gurkenwasser. Das sprayt man nach einem vorgegebenen Rezept auf das Tatar und mischt das ganze zu einem wohlarrangierten Geschmackserlebnis.

Das DIY Tatar kann man auch fleischlos haben mit Wurzelgemüse – in einer nicht minder starken, aromatischen Ausprägung. Diese Alternative kann es selbst für Nicht-Vegetarier durchaus mit der Rindvarianten aufnehmen.

Das vierte Gericht aus der Abteilung «Teller» war ein wahrhaftiges Gedicht und die vielleicht umwerfendste Kreation des Abends: Ein auf der Haut gebratenes Zahnderfilet mit Kohlrabi-Spaghetti, Rhabarber-Crème und Dill-Öl. Die Kombination hat alle Sinne angesprochen und war von einer völlig überraschenden geschmacklichen Vielfalt. Nur schon für dieses Gericht würden wir jederzeit wieder ins Maison Manesse zurückkommen.

Damit unsere Gaumen nach der ganzen fröhlichen Belastung nicht schlapp machen, hat uns Christian Gujan, der neue Restaurantleiter, gefrorene Luft serviert – in Form eines wunderbar aromatischen Rhabarberschaums. Jetzt konnte es weitergehen.

Als nächstes war ein wunderbares vegetarisches Gericht an der Reihe: frische Morcheln und weisse Spargeln mit Marsala Glasur und wilden Kräutern. Das Arrangement überzeugte uns nicht nur optisch, sondern schmeckte auch hervorragend. Dazu war das Gericht überraschend erfrischend und passte perfekt zum heissen Sommerabend.

Nun folgte ein Geflügelgericht. Konkret: Eine in eine längliche, rechteckige Form gepresste Perlhuhnterrine hübsch eingepackt in einen Filoteig. Serviert wurde das «Päckchenen» auf einer Schicht Blumenkohl mit Ruccola, Mandeln und daneben einem fermentiertem Pflaumenpüree. Obwohl das Gericht geschmacklich völlig überzeugen konnte (abgesehen von zwei bis drei Priesen Salz zu viel), wollte es einfach nicht ganz zur heissen Jahreszeit passen. Herbst oder Winter würden sich dafür besser anbieten.

Das letzte grosse «Tellergericht» sollte ein wunderbar zartes Sommerreh werden. Ein wahres Gedicht, dieser Gang. Angerichtet wurde das Rehfilet mit Lattichsalat, Walnuss, Holunderblütengelee und einem Thymianpüree, das wir so schnell nicht mehr vergessen werden. Dazu wurde ein vollmundiger Bier-Jus gereicht. Hier blieb geschmacklich kein Wunsch übrig.

Den letzten Dinner-Akt übernahm das Dessert in Form des eindrücklichen Coupe Maison. Der hatte es nicht nur kalorienmässig in sich, sondern auch handwerklich und geschmacklich. Die Dessertkreation bestehend aus Kokosnuss-Glacé, Caipirinha-Sorbet, kandierten Yuzu-Zitronen, Meringue, Mandeln und Kokoskuchen, weisser Schokolade und einem Schuss Dill-Milch war ein absoluter Traum. Mit seinen Texturen von sahnig bis knusprig sorgte dieser herausragende Coupe für einen perfekten Abschluss.

Adresse Maison Manesse

Restaurant Maison Manesse
Hopfenstrasse 2
8045 Zürich
Tel. +41 44 462 01 01
maisonmanesse.ch

(Fotos: Carrie Meier-Ho)

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